Land des Lächelns?

14. April 2020 0 Von DieVolleWahrheit

Cui bono? – Vorne lächeln und dann von hinten durch die Brust ins Auge!!!

„China schuldet uns 351 Milliarden GBP“: Wie „globale Würfel“ bei Corona fallen – Geopolitikexperte

© REUTERS / Carlos Garcia Rawlins

INTERVIEWS

11:59 10.04.2020(aktualisiert 12:36 10.04.2020)

Von Liudmila Kotlyarova

Anfang April sollen 15 britische Konservative, angeführt vom ehemaligen stellvertretenden Premierminister Damian Green, einen merkwürdigen Brief an Premierminister Boris Johnson gerichtet haben. In diesem fordern sie „Umdenken und Zurücksetzen“ der Beziehungen zu Peking.

Der Brief der Konservativen knüpft an die Studie des neokonservativen Londoner Think-Tanks The Henry Jackson Society an, nach der Großbritannien die chinesische Regierung vor internationale Gerichte bringen sollte, um angesichts der Ausbreitung des Coronavirus eine Entschädigung in Höhe von 351 Milliarden GBP zu erhalten. Die führenden G7-Volkswirtschaften seien von Verlusten in Höhe von 3,2-Billionen GBP getroffen worden, heißt es. Sie hätten vermieden werden können, wenn die Kommunistische Partei Chinas Ende letzten Jahres den Ausbruch des Virus publik gemacht hätte. Auf den Trend machte erst der renommierte französische Geopolitik-Experte Aymeric Chauprade auf seiner Twitter-Seite aufmerksam – unterstützt von der ehemaligen österreichischen Außenministerin Karin Kneissl. „Es fallen parallel die globalen Würfel neu“, schrieb Kneissl dazu. Sputnik hat Chauprade für ein Gespräch über geopolitische Töne vor dem Hintergrund des Coronavirus erreicht. 

– Herr Chauprade, Sie meinen in Ihrem Kommentar zu den Forderungen der britischen Konservativen an Johnson, auch die USA würden in der Corona-Krise verstärkt versuchen, die Welt zu ‘bipolarisieren’. Was meinen Sie?

– Peking ist seit mindestens zwanzig Jahren den USA ein Dorn im Auge. Die USA wollen allerdings um jeden Preis verhindern, dass China zur weltweit führenden Macht wird, was seine Demografie sowie die wirtschaftliche und militärische Entwicklung ermöglichen. Mit Trump wird der Konflikt immer offener, etwa wie beim offenen Handelskrieg oder beim Aufbau von 5G. Trump glaubt nicht umsonst, dass nicht Russland das Problem der USA sei, sondern China. Die Coronavirus-Krise bietet ihm die Gelegenheit, Peking stark anzugreifen. So sprach Trump gerne vom „chinesischen Virus“ – nun kommt man sowohl in London als auch in Washington auf die Idee einer Entschädigungen durch China. Ob dieses Virus natürlich, versehentlich oder absichtlich aufgetreten ist, das Ergebnis ist dasselbe: Die Spannung zwischen den Amerikanern und Chinesen wächst. 

– Inwiefern könnte die neuliche Diskussion über die Eurobonds und andere Hilfsalternativen für die am meisten betroffenen Länder wie Italien und Spanien zu einem Kollaps innerhalb der EU führen? Welche Rolle spielt Frankreich dabei?

– Die EU leidet unter einem Geburtsfehler: Einzigartige Instrumente wie Geldpolitik beruhen auf gegensätzlichen und ungleichen Realitäten. Die Annäherungskriterien sind für bestimmte Länder, die ihre öffentlichen Ausgaben weniger kontrollieren, schnell zu einem Gefängnis geworden. Länder wie Deutschland, Österreich und die Niederlande, die öffentliche Gelder ernsthafter verwalten als Frankreich, Italien oder Spanien, verstehen nicht, warum wir dann Solidarität in manchen Fragen als Unterstützung der Verantwortungslosigkeit bezeichnen. Gleichzeitig betrachten Italien, Spanien und sogar Frankreich, da sie vom Coronavirus so schwer getroffen sind, die Länder Nordeuropas als egoistisch. 

Wenn Deutschland weniger vom Virus betroffen ist, dann vor allem, weil es die Herausforderung von Covid-19 von Angang an ernster genommen hat als Frankreich. Da der französische Staat nur sehr wenige Masken und Tests hatte, wurde die Meinung befördert, dass sie nichts nützen würden. Die Regierung erzwang eine strengere und weniger intelligente Eindämmung als in Deutschland oder Österreich, was sich jetzt bei der Wirtschaft rächt. In Frankreich gibt es etwa fünfmal so viele Todesfälle wie in Deutschland, auch nicht zuletzt, weil der deutsche Handel mit China deutlich höher ist als der französische. Getestet werden immer noch sehr wenige. Ich gehöre zu den Franzosen, die das Krisenmanagement der französischen Regierung als einen Staatsskandal betrachten, der Tausende von Menschenleben gekostet hat, die hätten gerettet werden können. 

– War die chinesische Gesellschaft auf eine solche Krise viel besser vorbereitet als die westlichen?

– In asiatischen Gesellschaften gab es seit Anfang der 2000er mehrere epidemische Coronaviren-Episoden. Die Asiaten sind besser darauf vorbereitet und beim Tragen der Masken auch disziplinierter. Es wird allerdings über die Wahrhaftigkeit der chinesischen Corona-Zahlen gestritten. Aber wie können wir gleichzeitig nicht erkennen, dass die Chinesen strenge Anti-Corona-Maßnahmen ergriffen und die Epidemie relativ schnell kontrollieren konnten? Sie haben auch mit Italien und anderen Ländern durch die humanitäre Hilfe Solidarität gezeigt, wie auch Russland. Auch die Erfahrungen von Südkorea, Singapur, Hongkong und Taiwan in der Virus-Eindämmung sind interessant. 

Ich hoffe, dass die Franzosen, eben wie die Engländer, die nun teuer für die Fehler der Regierung von Boris Johnson (der arme Boris Johnson!) bezahlen müssen, aus dieser Krise lernen werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass Frankreich seine strategischen Maskenbestände unterdrückt hat, wenn von allen Seiten mindestens seit 2002 vor den Risiken einer Weltpandemie gewarnt wurde. Hinzu kommt die Weigerung, die Grenzen seit Beginn der Krise zu schließen. Eine solche ideologische Beharrlichkeit in solch gefährlichen Zeiten ist in meinen Augen etwas Verbrecherisches!

– Einige deutsche Experten glauben, dass es nach dem Coronavirus keine Rückkehr zur neoliberalen Globalisierung und damit auch keine Rückkehr zu den Vorpandemiezuständen geben werde. Heißt es, dass der Neoliberalismus selbst nicht überleben wird? 

– Bei Prognosen muss man immer auf die Emotionen aufpassen. Bei dem Schock besteht die Tendenz, zu glauben, dass „nichts jemals wieder so sein wird wie zuvor“. 1918 und 1945 meinten wir das auch – und die Kriege waren doch viel dramatischer als das Coronavirus! Während aller Epidemien wurden die Gesellschaften geschlossen – nach den Epidemien nahm der Handel seine Rechte zurück. 

Es gibt jedoch etwas Neues in der Weltwirtschaft. Vor der Corona-Krise wusste jeder, dass die Weltwirtschaft in einer riesigen Liquiditätsblase und unter einem Berg von Schulden lebte. Um den Zusammenbruch der Volkswirtschaften nun zu verhindern, werden die USA und die EU noch mehr Schulden schaffen. Mit anderen Worten, die Entkopplung der Finanz- und Geldwirtschaft von der Realwirtschaft wird noch schlimmer. Ich glaube nicht, dass diese Welt nachhaltig ist.

Ohne die Notwendigkeit des Handels zwischen Nationen zu leugnen, müssen wir in Westeuropa neu lernen, den Staat, seine Souveränität, seine Grenzen zu respektieren. Ein Staat ist da, um das Überleben einer Nation trotz aller Bedrohungen zu sichern. Wir brauchen Gesundheitssouveränität: Es war ein Fehler, die Produktion essentieller Gesundheitsartikel nach Asien zu verlagern. Wir brauchen Ernährungssouveränität: Europäische Länder müssen ihre Landwirtschaft und Fischerei schützen.

– Ihr Landsmann Alain de Benoist meint, Europa und die „dritte Welt“ sollten gemeinsame Interessen gegen die Finanzoligarchie finden. Könnte die aktuelle Wirtschaftskrise da, wenn so viele „kleine Leute“ in Europa jetzt Arbeitsverlust und zunehmende Armut befürchten, jetzt damit helfen?

– Alain de Benoist ist ein brillanter Geist, der eine intelligente Kritik an den Grenzen des Kapitalismus entwickelt hat. Wir wissen, dass der Sozialismus als Reaktion auf die Exzesse des Kapitalismus geboren wurde, aber die russische Erfahrung wird bestätigen, dass der Sozialismus am Ende nicht funktioniert. Was wir brauchen, ist sicherzustellen, dass Kapital ein Werkzeug ist, das niemals zum Meister wird. Wenn Finanzen zu einer Oligarchie werden, die sich über Regierungen erhebt und deren Verhalten diktiert, sind sie schädlich. In Frankreich läuft die aktuelle Debatte über den Arzneistoff Hydroxychloroquin, der gegen das Coronavirus angeblich effektiv ist. Es ist wahrscheinlich, dass starke pharmazeutische Interessen, insbesondere die des US-Labors Gilead, das in Europa viele Relais hat, die Verwendung der kombinierten Lösung von Hydroxychloroquin + Azithromycin verhindert haben.

– Welche Ansichten dominieren heute in Brüssel? Ist es das Gemeinwohl oder das finanzielle Interesse einer Minderheit? Kann es so weit gehen, lieber Menschen zu opfern und abzuwarten, bis ein sehr teures Medikament auf den Markt gebracht wird, das Milliarden von Dollar einbringt?

– Könnte sich der Konflikt zwischen Frankreich und den zunehmend mächtigen islamistischen Bewegungen in Afrika infolge der Corona-Krise verschärfen? Könnte die derzeitige französische Politik in Mali zu endlosen Kriegen führen, die Millionen von Afrikanern etwa als neokoloniale Kriege wahrnehmen? Könnten die europäischen Eliten zu einer Art Geisel der korrupten Eliten afrikanischer Länder werden, die jetzt verschiedene illegale Wege der gegenseitigen Bereicherung mit Vertretern französischer Banken, Politiker und Sonderdienste finden?

Afrikas Hauptproblem ist die Schwäche der Nationalstaaten. Deshalb ist es für viele Mächte eine Art Spielplatz. Nicht nur Frankreich, sondern auch China, die Golfstaaten, Indien und die Türkei sind an einer Präsenz in Afrika interessiert. 

In Mali besiegte Frankreich die islamistischen Bewegungen, die drohten, den fragilen malischen Staat vollständig zu zerstören. Es ist schwierig, den Krieg zu beurteilen, den die Franzosen in der Sahelzone führen. Diese Art von Krieg wird niemals gewonnen, aber das Wichtigste ist, dass der Feind ihn auch nicht gewinnt. Der Islamismus bedroht viele afrikanische Staaten wie Kamerun, Nigeria, Burkina-Faso.

In Bezug auf die Korruption haben Sie Recht. Ich habe es immer für eine schlechte Wahl gehalten, korrupte Regierungen zu unterstützen, wie etwa im Tschad. Ich persönlich bevorzuge souveräne und nicht korrupte Anführer wie Paul Kagame in Ruanda. Sie machen die Afrikaner nicht nur stolz, sie setzen sich auch effektiv für die Entwicklung ihres Landes ein.

Dr. Aymeric Chauprade ist ein renommierter französischer Geopolitologe. Er hat zahlreiche Nachschlagewerke veröffentlicht, darunter „Chronik des Kampfes der Kulturen“. Er hat sein Leben zwischen Österreich, wo er lebt, und Ruanda, wo er eine Beratungsfirma für Afrika hat, aufgeteilt. Von 2014 bis November 2015 war er Mitglied des EU-Parlaments auf der Seite des ultrarechten Front National, heute Rassemblement National von Marine le Pen. Dann verließ er die Partei und blieb drei Jahre lang fraktionsloser Abgeordneter.

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