Meine kleine Rundfunkgeschichte – ARD und ZDF: Warum es nach der „Umweltsau“ nicht mehr so weitergeht

14. Januar 2020 0 Von DieVolleWahrheit

Zitat:

Nicht ein Fehler wie das „Umweltsau“-Video ist das Problem – sondern der Umgang mit einem Fehler. ARD und ZDF haben völlig vergessen, dass sie Zuschauer haben und nicht Sendeselbstbestätigunggsanstalten sind.

Dieser Milton Friedman hat das schon richtig erkannt:

„Der einzige Weg, um das Verhalten der Politiker (Medien) zu ändern, ist, ihnen das Geld wegzunehmen.“

(Milton Friedman, * 31. Juli 1912 † 16. November 2006)

„Die Halunken an der Macht (in den Medien) werden alles ausgeben, was sie bekommen. Daher ist es immer angebracht, die Steuersätze (Rundfunkgebühren und Zeitungskosten) zu senken.“

(Milton Friedman, * 31. Juli 1912 † 16. November 2006)

Deutschland

WDR: „Umweltsau“-Skandal beschäftigt Staatsanwalt – jetzt schon mehr als 200 Anzeigen

Von Reinhard Werner 11. Januar 2020 Aktualisiert: 11. Januar 2020 16:42

Die “Umweltsau”-Affäre des WDR steht nun vor ihrer juristischen Aufarbeitung. Der Kölner Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn spricht von mehr als 200 Anzeigen, die im Zusammenhang mit dem Kinderchor-Lied und dem dadurch ausgelösten Twitter-Shitstorm eingegangen seien.

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WDR Foto: iStock

Der WDR-Skandal rund um den „Umweltsau“-Beitrag des sendereigenen Kinderchors wird auch zwei Wochen nach Löschung des Videos aus der Mediathek für Beschäftigung sorgen.

Wie die „Kölnische Rundschau“ berichtet, seien mittlerweile rund 200 Strafanzeigen bei Polizei und Staatsanwaltschaft eingegangen, die auf den Inhalt der umstrittenen Persiflage des Scherzliedes „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ Bezug nahmen.

Anzeigen gegen Intendanten, Redakteure und Chorleiter

Ein Ende sei diesbezüglich noch nicht abzusehen. „Bei uns gehen weiter zehn Anzeigen am Tag ein“, schilderte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn gegenüber dem Blatt – per Fax oder per Mail. Die Zuständigkeit Willuhns ergibt sich daraus, dass sich die Anzeigen auf Rundfunkinhaltsdelikte bezögen. Diese würden von der gleichen Abteilung behandelt wie etwa politisch motivierte Straftaten oder Fußballkriminalität.

Nach Auffassung der Anzeigenerstatter begründe der Inhalt des „Umweltsau“-Liedes Verdachtsmomente unter anderem in Richtung Beleidigung oder Volksverhetzung, in einigen Fällen wird auch eine Verletzung der Fürsorgepflicht behauptet.

WDR-Intendant Tom Buhrow, der sich von der Präsentation distanziert hatte, sei ebenso im Visier wie der Chorleiter oder Redakteure. Der auf das „Umweltsau“-Lied bezogene Shitstorm habe zudem auch eine Reihe von Äußerungen in Tweets nach sich gezogen, die nun ebenfalls zum Gegenstand einer Strafanzeige geworden wären.

Die Kinder im Grundschulalter haben in dem Clip das Scherzlied „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ in einer umgetexteten Fassung gesungen. Der neue Text, den das Blog „Tapfer im Nirgendwo“ dokumentiert hat, wirft die Frage auf, ob die „Oma“, die „im Hühnerstall Motorrad fährt“, denn eine „Umweltsau“ sei.

Anklage eher unwahrscheinlich

Vonseiten des Senders selbst hieß es, das Lied richte sich „nicht gegen irgendjemanden, auch nicht gegen die ‚Oma-Generation‘“. Vielmehr solle es „zum Jahresende ein humorvoller und versöhnlicher Beitrag zu einer Debatte sein, die zunehmend erhitzt geführt wurde“.

Willuhn kündigte an, man werde „in jedem Einzelfall den Anfangsverdacht prüfen“ und dann über weitere Schritte entscheiden. Es sei noch offen, ob es zu Anklagen kommen werde.

Die Hürde könnte allerdings insbesondere im Fall des Liedes selbst zu hoch sein. Auch wenn man die Darstellung des WDR, es handele sich bei der Darbietung um eine „Satire“, die zusätzlich von der Freiheit der Kunst geschützt wäre, für eine Schutzbehauptung hielte: Mit der „Oma“, die im Lied als „alte Umweltsau“ besungen wurde, dürfte eher eine fiktive denn eine konkret identifizierbare Person gemeint gewesen sein.

Anders dürfte es bezüglich des Nachspiels auf Twitter aussehen: Dort eskalierte die Auseinandersetzung vielfach in einer Weise, dass auch persönliche Beleidigungen und Drohungen unter den Nutzern des Dienstes ausgetauscht wurden.

https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/wdr-umweltsau-skandal-beschaeftigt-staatsanwalt-jetzt-schon-mehr-als-200-anzeigen-a3122809.html

MEDIEN

„UMWELTSAU“-STREIT

Mehr als 40 Fernsehautoren kritisieren WDR-Intendant Buhrow

Stand: 06.01.2020 | Lesedauer: 3 Minuten

Bei der Gründung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks war das Vorbild die BBC. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat das Gebot der Staatsferne und der Unabhängigkeit.

Quelle: WELT/ Christoph Hipp

In einem Brandbrief kritisieren mehrere WDR-Redakteure ihren Intendanten Tom Buhrow für seine Reaktion auf die „Umweltsau“-Kontroverse. Zahlreiche Comedyautoren schließen sich an – darunter ein Gagschreiber von Jan Böhmermann.

In der Debatte um das „Umweltsau“-Lied haben sich freie Fernsehautoren mit den WDR-Mitarbeitern solidarisiert und Intendant Tom Buhrow massiv kritisiert. „Tom Buhrow ist mit seiner Reaktion auf den künstlich erzeugten Skandal in eine Falle getappt, aus der er ohne massiven Glaubwürdigkeitsverlust nicht mehr herauskommt“, schrieben mehr als 40 Unterzeichner einer am Montag veröffentlichten Solidaritätserklärung.

Die Unterzeichner der Solidaritätserklärung forderten: „Ein Medienmanager, dessen Umgang mit moderner, rechter Propaganda von so viel Naivität und Ungeschicktheit zeugt und der nicht in der Lage ist, sich in einfachsten Fragen der Presse- und Meinungsfreiheit vor seine MitarbeiterInnen zu stellen, gefährdet eben diese Freiheiten. Er sollte die Konsequenzen ziehen.“

Zu den Unterzeichnern gehören der Max Bierhals, Autor bei Jan Böhmermanns „Neo Magazin Royale“, der Chefautor der ZDF-„Heute Show“, Morten Kühne, und Stefan Stuckmann, Erfinder der Comedyserie „Eichwald, MdB“. Die Unterzeichner wollen mit der Erklärung auch erreichen, dass das „Umweltsau“-Lied wieder online gestellt wird.

In dem Lied hatte ein Kinderchor auf die Melodie von „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ unter anderem „Meine Oma ist ‘ne alte Umweltsau“ gesungen. Das entsprechende Video wurde bald darauf vom WDR gelöscht. Intendant Tom Buhrow entschuldigte sich für die Satire.

Daraufhin wurde ihm vorgehalten, er spiele rechten Aktivisten in die Hände, die die Empörungswelle im Internet großenteils künstlich erzeugt hätten. Buhrow bestritt das. Der WDR habe durchaus die Mechanismen der rechten Mobilisierung im Internet erkannt, sagte er dem „Spiegel“. Daneben habe es aber auch eine echte, nicht gesteuerte Empörung von ansonsten wohlmeinenden Hörern gegeben.

WDR-Redakteure „fassungslos“

Am Dienstag soll es beim WDR eine Redakteursversammlung zum Umgang mit der Kontroverse geben, bestätigte am Samstag eine WDR-Sprecherin. Einlader sei die Redakteursvertretung. Intendant Tom Buhrow werde an der Veranstaltung teilnehmen. Zuerst hatte das Online-Medienmagazin „Übermedien“ berichtet.

Zuvor hatte die Redakteursvertretung in einem internen Schreiben heftige Kritik an Buhrow geäußert, der sich von dem umstrittenen Lied des WDR-Kinderchors distanziert hatte. „Wir sind – wie sicher viele von Euch – fassungslos“, schrieben die Redakteure in dem Text, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

„Natürlich nicht über eine Satire, die Geschmackssache sein darf; nein, wir sind fassungslos, dass der Programmchef von WDR2 ein Video mit einem satirischen Kinderlied löschen lässt, und vor allem auch darüber, dass Intendant Tom Buhrow einem offenbar von Rechtsextremen orchestrierten Shitstorm so leicht nachgibt, sich vorschnell redaktionell distanziert und sich nicht nur persönlich entschuldigt, sondern dabei mehrfach öffentlich (u.a. live bei WDR2) Redakteurinnen und Redakteuren in den Rücken fällt, statt ihnen in Zeiten inszenierter Empörungswellen gegen den WDR und den ÖRR [öffentlich-rechtlichen Rundfunk] den Rücken zu stärken.“ Damit sei die innere Rundfunkfreiheit verletzt worden.

Buhrow verteidigt sein Vorgehen

Buhrow verteidigt sein Vorgehen im aktuellen „Spiegel“. Die „Umweltsau“-Satire sei missglückt, sagte er in einem Interview des Magazins. „In diesem Fall hat in einem Familienprogramm ein nicht als Satire direkt erkennbares Video pauschal eine ganze Gruppe mit Umweltverschmutzung in den Zusammenhang gestellt. Und dadurch haben sich einfach viele Seniorinnen und Senioren verletzt gefühlt.“ Er wies den Vorwurf zurück, vor rechten Kreisen eingeknickt zu sein.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Frank Überall, warf auf der Gegenkundgebung den rechten Demonstranten vor, die Kinderlied-Persiflage zum Anlass zu nehmen, die Demokratie zu zerstören. „Sie sind gegen den WDR, gegen Journalisten, gegen das Grundgesetz. Sie treten das Grundgesetz mit Füßen.“

Zugleich kritisierte er auch WDR-Intendant Tom Buhrow, der das WDR2-Video auf Facebook hatte löschen lassen: „Man muss ein solches satirisches Lied aushalten, auch wenn man Intendant ist“, sagte Überall. Satire müsse zuspitzen, müsse wehtun. Journalisten wüssten um ihre gesellschaftliche Aufgabe und Verantwortung. „Wir Journalisten werden uns nicht einschüchtern lassen.“

https://www.welt.de/kultur/medien/article204758088/Umweltsau-Mehr-als-40-Fernsehautoren-kritisieren-WDR-Intendant-Buhrow.html

MEDIEN

„Omagate“: Der aktuelle WDR-Skandal ist symptomatisch dafür, wie beim Staatsfunk gedacht wird

Von David Berger 11. Januar 2020

Bei dem „Omagate“ des WDR handelt es sich nicht um den singulären Lapsus einiger inkompetenter WDR-Leute, sondern um die Spitze des Eisbergs, der zeigt, wie man innerhalb des Senders denkt. Ein Gastbeitrag von Wolfgang Kaufmann

Die zum ARD-Verbund gehörende Landesrundfunkanstalt Westdeutscher Rundfunk (WDR) schaltete am 27. Dezember ein anderthalbminütiges Video in seiner Mediathek frei, das zeigt, wie gut zwei Dutzend Mädchen aus dem WDR-Kinderchor unter der Leitung von Zeljo Davutovic ein Liedchen nach der Melodie von „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ trällerten.

Jedoch saß die Großmutter nun hinter dem Steuer ihres SUV, mit dem sie hurtig zwei Opas samt Rollator niederwalzte. Darüber hinaus „brät sie sich jeden Tag ein Kotelett, weil Discounterfleisch so gut wie gar nichts kostet“, und „macht zehn Mal im Jahr ’ne Kreuzfahrt“. Deswegen lautete der Refrain dann auch: „Meine Oma ist ’ne alte Umweltsau!“

Spiegel und Böhmermann springen WDR bei

Bei dem Vorfall handelt es sich nicht um den singulären Lapsus einiger inkompetenter WDR-Leute, sondern um die Spitze des Eisbergs, der zeigt, wie man innerhalb des Senders denkt. Das belegt nicht zuletzt der Tweet eines weiteren WDR-Mitarbeiters namens Danny Hollek: „Eure Oma war keine #Umweltsau. Stimmt. Sondern eine #Nazisau.“

Offenbar glaubte der junge Medienmacher mit Verbindungen zur Antifa, dass ihm diese infame Beleidigung Anerkennung für seine „Haltung“ eintragen würde. Immerhin hatten ja nicht nur Prominente wie der umstrittene Komiker Jan Böhmermann das Liedchen verteidigt, sondern auch der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Jürgen Resch. Das Gleiche galt für viele Mainstream-Medien, die den Rückzug des WDR lauthals kritisierten. So hieß es auf Spiegel-Online, der Proteststurm sei durch „Rechte und Rechtsextreme“ ausgelöst worden, und der Sender habe sich von denen völlig unnötigerweise einschüchtern lassen.

Das Antisemitismus-Problem des Staatsfunks

Ein weiterer Beweis für die Zustände beim WDR, den übrigens auch 40 Prozent seiner regelmäßigen Konsumenten für unglaubwürdig halten, ist der Skandal um die gemeinsame Antisemitismus-Dokumentation mit dem Sender Arte aus dem Jahre 2017 „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“. Der Beitrag, der unter anderem zeigte, dass die Muslime die hauptsächlichen Träger des heutigen Antisemitismus auf unserem Kontinent sind, sollte wegen angeblicher „formaler Mängel“ ungesendet in der Versenkung verschwinden.

Nicht viel besser als beim WDR geht es beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) zu. Der produziert regelmäßig Beiträge des Online-Jugendprogramms STRG_F, die anschließend auf der Internetplattform Youtube zu sehen sind. 2018 wurde in diesem Rahmen der Kanon eines Studentenchores präsentiert, dessen unablässig wiederholte einzige Textzeile lautete: „Fick die Cops, sie sind Bullenschweine.“

Auch das ZDF versucht Zuschauer zu manipulieren

Ebenso wenig skandalfrei agiert das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), das zusammen mit der ARD und dem Deutschlandradio den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Bundesrepublik bildet.

So kam vor Kurzem heraus, wie dreist diese Anstalt ihre Zuschauer manipuliert. Anlässlich der Diskussionssendung mit dem Moderator Markus Lanz am 17. Dezember 2019, bei der unter anderem der ehemalige Verfassungsschutzpräsident und nunmehrige Merkel-Kritiker Hans-Georg Maaßen zu Gast war, fielen die fast durchweg feindseligen Reaktionen des Studio-Publikums gegenüber dem Klartext redenden Maaßen auf. Wenig später brachte eine Recherche des kritischen Journalisten Boris Reitschuster zutage, dass die private Hamburger Medienfirma „Fernsehmacher“, die bei der Produktion der Lanz-Sendung maßgeblich mitwirkt, auf ihrer Internetseite auch die Dienstleistung „Generieren von Wunschpublikum“ nach „zielgruppenspezifischen Merkmalen“ anbietet.

Mit anderen Worten, man platziert im Studio je nach Gusto des Auftraggebers bezahlte Claqueure oder Personen mit gegenteiligem Auftrag. Dabei geben die „Fernsehmacher“ als Referenz nicht nur ZDF-Sendungen wie „Markus Lanz“, sondern auch solche der ARD an.

Angesichts dieser Zustände mehren sich nun Aufrufe, die Zahlung der Zwangsgebühren für die Sender künftig zu verweigern und den „Beitragsservice“ mit einer Vielzahl von Datenschutzanfragen lahmzulegen.

Der Beitrag erschien zuerst bei PREUSSISCHE ALLGEMEINE.

MEINE KLEINE RUNDFUNKGESCHICHTE

ARD und ZDF: Warum es nach der „Umweltsau“ nicht mehr so weitergeht

VON ROLAND TICHY

So, 12. Januar 2020

Nicht ein Fehler wie das „Umweltsau“-Video ist das Problem – sondern der Umgang mit einem Fehler. ARD und ZDF haben völlig vergessen, dass sie Zuschauer haben und nicht Sendeselbstbestätigunggsanstalten sind.

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imago images / Agentur 54 Grad

Kennen Sie den? – Amputiert ein Chirurg aus Versehen das gesunde Bein und nicht das kranke. – Beschwert sich der Patient vergebens. Der Arzt sagt, es war nur Satire.

Das ist noch kein Witz.

Zum Witz könnte es werden, wenn sich der Patient beschwert und der Chirurg die Beschwerde zurückweist: Der Patient sei ein Rechter und mit seiner Kritik an der OP wolle er nur die AOKs zerstören.

Immer noch nicht lustig? So ungefähr reagiert der WDR auf Kritik an seinem „Umweltsau“-Sau-Projekt: Satire, und Kritiker sind Rechte. Das gilt auch für den gemütvollen Ministerpräsidenten von NRW Armin Laschet – wirklich kein Rundfunkrevolutionär. Laschet warnt die WDR-Belegschaft vor Hybris: „Es kann nicht sein, dass Sie in Deutschland alles kritisieren dürfen, vom Papst abwärts – nur nicht die Beiträge des Westdeutschen Rundfunks.“

Wie antwortet der WDR? Georg Restle, Monitor-Chef: „Offenbar braucht da jemand Nachhilfe. Wer erklärt dem Ministerpräsidenten des Landes NRW @ArminLaschet, was Unabhängigkeit und Staatsferne des ÖRR bedeuten?“ 

Man darf einen Misthaufen Misthaufen nennen

Die Antwort wäre einfach: Auch ein Ministerpräsident darf Mist zu einem Misthaufen sagen. Und Nachhilfe braucht Georg Restle: Wer im Journalismus mal das falsche Bein abschneidet, sollte sich dafür entschuldigen, und es nicht „Satire“ nennen. Denn es war keine, sondern einfach nur eine schlechte, missbräuchliche Sendung. Und nicht einmal die maximal misslungene Sendung wäre das Problem – Shit Happens. Das Problem ist die komplette Unfähigkeit unterhalb der Ebene des Intendanten, den Fehler als solchen einzugestehen, zu korrigieren und sich zu entschuldigen. Stattdessen werden immer neue Aluhüte aufgesetzt, Verdächtigungen gestreut, Verschwörungstheorien ausgebrütet und Zuschauer beschimpft.

Das Problem des WDR ist nicht ein Fehler, Murks, ein Bock – sondern mangelnde Fehlerkultur. Als ob der Patient schuld sei, dass er das falsche Bein zur Amputation hingehalten habe, und der Chirurg habe nur einen Witz gemacht. Wie kommt es dazu – und was sind die Folgen? Was hier geschieht ist Publikumsbeschimpfung statt Rundfunkprogramm. Wer seine Zuschauer für Tiere hält und so behandeln will, hat seinen Beruf verfehlt. Ohne Vertun. Das Programm muss den Zuschauern gefallen, nicht ein paar festangestellten Aktivisten in eigener Sache.

Eine kleine Rundfunkgeschichte

Ich selbst habe beim Bayerischen Rundfunk gelernt; Filme (ja, es waren noch Filme, keine Videos) gedreht, 12-teilige Folgen wie „Telekolleg Volkswirtschaftslehre“. Die dritten Programme waren damals noch Bildungsprogramme, und den Auftrag haben sie ernst genommen: Man konnte sogar einen Bildungsabschluss erwerben. „ABC der Wirtschaft“ war ein anderes Programm, für das ich Erklärstücke gestalten durfte. Heute klingt es etwas lächerlich. Zu der Zeit gab es auch schon die Restles in den Sendern. Allerdings auf unterschiedlichen Seiten. „Monitor“ und „Panorama“ waren schon damals links, aber aus München sendete „Report München“ tapfer dagegen an. In Ost-Berlin provozierte Lothar Löwe die dortigen Machthaber so lange durch kritische Berichterstattung über den real existierenden Sozialismus, bis sie ihn buchstäblich hinauswarfen.

Aus Berlin Adlershof, genau aus dem Studio, aus dem heute Anne Will sendet, funkte Karl Eduard von Schnitzlers „Schwarzer Kanal“ DDR-Propaganda gen Westen. (Ein Treppenwitz, dass später kritische Rundfunkleute in diesem Studio interniert werden sollten; es waren, Treppenwitz Nummer 2, die tapferen jungen Männer vom Stasi-Wachregiment Felix Dserschinski, die den Befehl verweigerten. Aber das war viel später.) Von Westen sendete Gerhard Löwenthal zurück. Das ZDF wurde in Mainz gegründet, weil Rheinland-Pfalz als schwarze Erblande galt, und die CDU dort den Einfluss suchte, den sie bei den meisten ARD-Sendern nie gewann.

Medienlandschaft – bunt und divers

Nein, die Rundfunklandschaft war nicht perfekt, auch nicht die gedruckten Medien. Aber sie war bunt und divers, wo heute Eintönigkeit vorherrscht. SPIEGEL und STERN waren links, mit „Konkret“ hielt sich die DDR eine eigene Zeitschrift; alle paar Wochen brachte ein graues Männchen den Geldkoffer nach Hamburg, wie Bettina Röhl, die Tochter des Gründers Rainer Röhl und seiner Ehefrau Ulrike Meinhof, sich bildhaft erinnert, um die Druckerei-Rechnung zu bezahlen und den glamourösen Lebensstil der Kommunisten im Westen zu finanzieren. STERN und SPIEGEL publizierten Material aus den Fälscherwerkstätten der Stasi; sie verleumdeten mittels gefälschter Dokumente den damaligen Bundespräsident Heinrich Lübke als KZ-Baumeister; die Hamburger Journaille druckte es begeistert.

Aber DIE WELT hielt dagegen wie auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die sich als Leib- und Magenblatt an der Seite Ludwig Erhards bleibende Verdienste errungen hat. Viel später wurde Focus von Helmut Markwort als Gegenmodell zum SPIEGEL gegründet – erfolgreich. Es gibt keine perfekte Medienwelt, sie ist immer Spiegel der politischen Kämpfe ihrer Zeit. Während sich die Print-Landschaft nach links oder rechts sortierte, sollten die Rundfunkanstalten „Binnenpluralität“ garantieren: Da bei nur einem oder später zwei, drei  Kanälen kein Wettbewerb wie bei Zeitungen möglich ist, sollte der Wettbewerb innerhalb der Sender ausgetragen werden. Und er wurde es. Auf jeden Kommentar aus den Rotfunkanstalten WDR und NDR konterte aus München bissig und hart Rudolf Mühlfenzl, mein späterer Chef. Der letzte Chefredakteur der alten Garde, Sigmund Gottlieb, wurde erst vor wenigen Jahren verabschiedet. Er wurde ersetzt, aber nicht beerbt. Heute zählen alerte Glätte und geschmeidige Nähe zum Kanzleramt auch beim BR.

Linke will „Drittes Deutsches Fernsehen“

Mächtige Rundfunkanstalten wecken bei Politikern Begehrlichkeiten. Mir wurde das deutlich nach der Wiedervereinigung. Auf Betreiben von Lothar de Maiziere waren Funk und Fernsehen der DDR über den Einigungsvertrag in den Westen gerettet worden. Chef des Ost-Funks wurde allerdings ein Wessi, der „Rundfunkbeautragte der Neuen Länder“: Rudolf Mühlfenzl – ich sein zeichnungsberechtigter Stellvertreter. Wir waren Anhänger des öffentlichen-rechtlichen Systems, weil wir daran glaubten, dass ein Volk eine gemeinsame Öffentlichkeit braucht; ein Lagerfeuer, um das man sich versammelt, eine Informationsquelle, die ausgewogen berichtet, einen Krimi, über den man am nächsten Morgen spricht, eine Talkshow, über die man streitet. Wir glaubten, dass man Stars aus West UND Ost braucht, den Wessis den Osten in die Stube sendet und den Ossis erklärt, wie die ticken. Wir wollten der Wiedervereinigung unseren Dienst leisten. Deshalb haben wir die Rundfunkgesetze kreativ ausgelegt und die ARD sowie das ZDF in der gesamten DDR sichtbar gemacht, auch im Tal der Ahnungslosen, wo bis dahin kein Westen zu sehen war. Im Gegenzug zur Hingabe damals wertvoller Sendefrequenzen machten wir reiche Beute.

Wir erhielten am Abendprogramm der ARD mit über 10 Prozent der Sendezeit, die wir mit Ost-Programmen füllen konnten. Das fing mit dem Sandmännchen an, das aber nicht mehr wie in Ost-Zeiten im NVA-Panzer in die Kinderzimmer rollte, sondern auf dem Schlitten kam; die Entpolitisierung der Propaganda-Sendungen war schwierig und gelang nicht immer. Die Westler staunten, wenn die Ost-Kommissare im klapprigen Wartburg auf Verfolgungsjagd gingen durch die verfallenen Backsteinquartiere von Stendal oder Oranienburg. Wir sendeten die Weihnachtskonzerte aus den Konzerthäusern des Ostberliner Gendarmenmarktes und der Thomaskirche in Leipzig und das Silvesterprogramm „Ein Kessel Buntes“ aus dem Friedrichstadtpalast. Das war alles nicht unumstritten.

Ich habe dem WDR 40 Sängerinnen und Sänger des Rundfunkchores auf die Gehaltsliste geschwindelt, Friedrich Nowottny, der letzte große Intendant des WDR,  ist seither etwas beleidigt, aber sie singen noch immer, so wie das auf ähnliche Trickbetrügerbasis gerettete Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin weiter spielt: Der Osten sollte seinen Anteil haben am Gebührenkuchen, und für die Gefühlswelt bemühten wir uns um die Rechte an „Paul und Paula“ mit der Musik der Puhdys. Der „Kessel Buntes“ mit dem Fernsehballet trieb westdeutsche Programmmacher in den Wahnsinn, aber gefiel in seiner schlichten Altart den Zuschauern.

Der „Sender Freies Berlin“ verneinte jede Zusammenarbeit und wollte aus dem Westen den Osten auch rundfunkmäßig monopolisieren. Wir wollten ihm Stimme geben. Wir wateten bis zum Hals in Stasiverstrickungen. Gremien des WDR verbündeten sich mit den alten Rundfunkmachthabern der DDR, die ja noch da waren, um zusammen mit der SED, die heute „DIE LINKE“ heißt, ein „Drittes Deutsches Fernsehen“ mit Sitz in Adlershof zu gründen als Ausgangspunkt für eine vereinte Linke Partei. Man stelle sich das vor: Der alte Funk der DDR im Westen, als ob die Mauer nicht gefallen wäre – ein Traum für alte Funktionäre aus dem Osten und linke Ideologen aus dem Westen. Rundfunktpolitik ist Machtpolitik. Bis heute. Aber vermutlich war diese Zeit der Wiedervereinigung die letzte große von ARD und ZDF. Seither sind sie mächtig, aber in der Defensive.

„Frequenzbesetzung“ als Strategie

Es folgte die Ausweitung der Frequenzen und Fernsehkanäle, ihren Zweck haben sie spätestens seit den 90ern erfüllt. ARD und ZDF reagierten mit „Frequenzbesetzung“, um die zwar vervielfachten, oder immer noch knappen Frequenzen für sich zu reklamieren. Immer neue Sender und Programme entstanden. 2014 machte der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium eine Rechnung auf, die tendenziell immer noch gilt: „Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten betreiben 22 Fernsehkanäle sowie 67 Radioprogramme und entfalten Aktivitäten im Bereich des Internets. Ein normales Jahr hat 525.600 Minuten. Das Jahr 2012 verzeichnete dem gegenüber 10,2 Millionen Fernsehsendeminuten im Bereich der öffentlich-rechtlichen Sender, was in etwa 19 Fernsehjahren entspricht.“

Es klang wie eine gute Strategie, und sie hat die privaten Sender auch in die Defensive gedrängt. Aber der Preis dafür ist hoch. Die Frequenzbesetzung ist heute der Mühlstein um den Hals der Öffentlich-Rechtlichen. Sie haben sich zerfasert. Statt weniger guter senden sie mittelmäßig bis schlechte Programme, aber dafür viele. Quantität soll Qualität ersetzen und zersetzt die Anstalten von innen. Das Internet bietet beliebig viele Sendekanäle, mehr als man auch mit noch mehr Geld Bestzen könnte, und zwischen denen die Öffis einfach verschwinden. Netflix bietet die besten Filme, oder ist es Amazon, neuerdings Apple-TV? Während die Streaming-Kanäle ständig neue Serien raushauen, reicht es bei den altersschwachen Öffis  unter letzter Kraftanstrengung nur zu noch einem Tatort, der so albern ist wie der Vorgänger und so innovativ wie ein Abakus im Apple-Zeitalter. ARD und ZDF haben halbwegs gegen die privaten Sender gewonnen und diese haben sich darauf reduziert nur noch Trash senden zu wollen. Peter Klöppel wirkt bei RTL wie der letzte Mohikaner des ernsthaften News-TVs. Wie lange macht er das noch?

Die Bettpfannen der TV-Landschaft

Das teuerste öffentliche Rundfunksystem der Welt verfüttert bei einzelnen Anstalten wie dem Hessischen Rundfunk schätzungsweise die Hälfte der Einnahmen an die Pensionisten der früheren, der goldenen Jahre. Früher galten die öffentlichen Sender als Verwaltungen mit angeschlossenem Sendebetrieb. Heute sind es Altersheime, in denen meist unterbezahlte freie Mitarbeiter irgendwie den Sendebetrieb aufrechterhalten und Bettpfannen mit den Wiederholungsprogrammen rezyklieren.

Um den Status Quo aufrechtzuerhalten brauchen sie statt derzeit 8,4 mindestens 11 Milliarden. Die Chancen, die zu erhalten, sind mit der Umweltsau gerade im Wald oder im Maisfeld verschwunden. Rundfunkgebühren zu erhöhen – das wird sich wohl keiner mehr trauen. Ihr öffentlich-rechtlicher Charakter verhindert per Definition Reformen. Das angesammelte Bauchfett erdrückt die inneren Organe, aber geht nicht weg, man kennt das. Sie müssten abspecken – Bürokraten entlassen, flexible, innovative Einheiten bilden, Frequenzen aufgeben, liebgewonnene Besitzstände abbauen, ihren Innenstadt-Beton verkaufen; wer betreibt noch Fabriken in Sichtweise des Kölner Doms? Nur der WDR. RTL-Chef Helmut Thoma beschrieb in grauer Vorzeit den Unterschied: „Die investieren in Beton. RTL in Programm“. Der Bayerische Rundfunk ist zu Recht stolz auf eine Verknüpfung von TV, Radio und Internet. Aber dafür mußte erst einmal ein neues Gebäude erstellt werden. Im Zeitalter der Netze funktioniert Vernetzung aber per WLAN, nicht per Linoleum.

Eine Reform, für die es längst zu spät ist

Die vielen Sender mit ihren vielen Intendanten ohne Zuschauer und Programmen ohne Hörer müssten eine Anstalt bilden mit einem Programm, dessen Nachrichten an Schnelligkeit und Faktentiefe nicht zu überbieten ist; mit Talkshows, die fetzen statt mit  in Ehren ergrauenden Endlostalkern; mit Sendungen, die die Buntheit und das Leben abbilden in unterschiedlichen Facetten und nicht in grüngetunkter Einheitsfarbe und monotoner Volksbelehrung, die sich als Spruchweisheiten lebensferner Abiturienten mit Rundfunkpraktikum herausstellen. Sie könnten wieder die Fachredakteure aktivieren, die sonst kaum einer mehr hat und die irgendwann resigniert sind vor der Wucht der Politikaktivisten, die heute die Sender beherrschen. Die älteren Journalisten der Öffis sind meist hochqualifiziert; die Jüngeren so einseitig und oberflächlich wie in den Printmedien auch: Haltung zählt, nicht Inhalt; Einseitigkeit wird zum Programm erhoben. Das kann man ändern. Wenn man will. Richtig falsch ist es, die Öffentlichkeit mit einem „Framing-Manual“ behumpsen zu wollen, durch Sprach- und Begriffsmanipulation. Die Zuschauer reagieren empfindlich auf solche Versuche, die Wirklichkeit durch neue Kampüfbegriffe zu verschleiern. Der Ost hat doch den Westen eingeholt: Das peinliche Manual wurde von MDR-Intendantin Karola Wille beauftragt, aus altem SED-Adel stammend und geschult im DDR – Lehrbetrieb. Die Veröffentlichung war der Beginn eines Prozesses, der die Glaubwürdigkeit zerrüttet hat. 

Angst greift um sich

ARD und ZDF bräuchten dazu eine Führungsmannschaft, die Konflikte anzettelt und durchsetzt, statt nur ständig um mehr Geld zu betteln bei der Politik wie der Junkie bei seinem Dealer. Denn das macht sie angreifbar, abhängig, süchtig – und das ist Gift für Journalismus und Ideen. Sehr viel weniger wäre sehr viel mehr. Die überkommenden Strukturen müßten aufgebrochen werden, um im Kreativitätswettbewerb bestehen zu können. Denn um Kreativität geht es – nicht um Gebührenmaximierung und dem Festhalten an überkommenen Strukturen: Programm statt Beton. 

Die Sender der DDR stellten am 31.12.1991 ihre Programme ein; mit dem „Letzten Walzer“. Irgendwann ist die Zeit auch des weltteuersten und vermeintlich unangreifbaren Programms vorbei, und wenn es so weitergeht, ziemlich bald. Und die ängstlichen, geradezu hysterischen Reaktionen wie auf die richtigen Worte von Armin Laschet zeigen: Die Angst muss riesig sein in den Anstalten. Irgendwie spüren sie, dass es so nicht weitergeht; ihr Pfeifen im Wald ist laut und schauerlich.